Luciana Obermann
Oliver Krause
Was ist eine systemische Familientherapie?
In der systemischen Familientherapie geht man davon aus, dass psychische Symptome Einzelner durch ungünstige Familienmuster ausgelöst und aufrecht erhalten werden können. Deshalb kann man ein Problem nur verstehen und verändern, wenn man die wechselseitigen Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern berücksichtig. Familie meint hier nicht nur zwingend die Kernfamilie, Mutter, Vater, Kind/er, sondern auch andere in das System einwirkende Kräfte aus der Herkunftsfamilie der Partner, oder enge Freundschaften.
Probleme und psychische Symptome werden als missglückte Lösungsversuche für das menschliche Miteinander verstanden.
Beispielsweise entwickelt ein Kind plötzlich Schulangst und bindet damit die Aufmerksamkeit seiner Eltern an das vorliegende Problem. Die Eltern beschäftigen sich mit den Ursachen der Ängste, kommen mit Lehrern und Erziehern ins Gespräch, geraten vielleicht mit dem Kind in Streit. Alles dreht sich nur noch um die Weigerung des Kindes, die Schule zu besuchen. In den Hintergrund rücken hingegen die ständigen Streitereien der Eltern oder ihr eisiges Schweigen. Sie müssen sich ja miteinander unterhalten, nämlich über das problematische Verhalten. Das bedeutet Zusammenhalt, die Eltern trennen sich womöglich nicht. Das Kind hat so unbewusst einen Lösungsweg kreiert, allerdings zum eigenen Nachteil.
Solche typischen Beziehungsmuster gilt es aufzudecken, denn sie können Anregungen geben, wie Veränderungen und Lösungsprozesse stattdessen aussehen könnten.
Merkmale der systemischen Familientherapie
In der Familientherapie sollen Veränderungen im System Familie angestossen werden. Dabei sehe ich mich nicht als die Expertin, die eine Diagnose stellt und Ihnen die Lösung vorgibt. Vielmehr unterstütze ich Sie und Ihre Familie dabei Symptome aufzudecken, Schwierigkeiten aufzulösen und neue Perspektiven zu entwickeln. Hierbei behandle ich jedes einzelne Familienmitglied mit dem gleichen Respekt, Neugier und Wertschätzung.
In größeren Familiensystemen arbeite ich gern mit Kollegen in Co-Therapie (Tandem). Diese Art der Gesprächsführung erleichtert es, alle Familienmitglieder im Blick zu behalten und unterstützt mit einem zusätzlichen Blickwinkel.
Die systemische Familientherapie fördert die Selbstwirksamkeit der einzelnen Familienmitglieder, die Eigeninitiative der Familie und arbeitet mit den positiven Erfahrungen und den Ressourcen aller. Ich unterstütze Sie dabei zu entdecken, was in Ihrer Familie trotz aller Probleme gut läuft, worauf Sie stolz sein können und was sie als Familie einzigartig und liebenswert macht.
Die systemische Familientherapie versucht lösungsorientiert und in einem überschaubaren Zeitrahmen Linderung zu verschaffen, um das Miteinander-Leben wieder attraktiver und liebevoller gestalten zu können. Es reicht oft eine relativ kurze Therapiedauer zwischen 6-10 Sitzungen aus. Zwischen den Sitzungen ist zu Beginn ein Abstand von ca. 4 – 6 Wochen, später mehr, um erarbeitete neue Handlungsalternativen im Alltag zu erproben und ggf. neu zu justieren.
Was sind die Vorteile der systemischen Familientherapie?
Ein großer Vorteil der systemischen Familientherapie ist, dass alle Beteiligten in einem Gesprächskontext, also in einem Raum sind. Typische Verhaltensmuster, Umgangsformen und ungeschriebene Familienregeln können im Gespräch direkt beobachtet werden. Durch gezielte Fragen können neue Sichtweisen auf die problematische Situation ermöglicht werden. Durch geringe Anstöße können schnell Veränderungen angeregt werden, die oft zu überraschenden therapeutischen Möglichkeiten führen können.
Die systemische Sichtweise nimmt die Schuld von einem einzelnen Familienmitglied. Es ist immer das System, das sich bedingt und Störfaktoren produziert. Umgekehrt wird die Veränderung eines Einzelnen das System irritieren, sodass neue, nützliche Verhaltensmuster in die Familie integriert werden können.
Wann ist eine systemische Familientherapie sinnvoll?
Immer wenn eine Situation Leidensdruck erzeugt, die mit den wechselseitigen Beziehungen innerhalb der Familie zu tun haben, oder eine Familie in eine Krise gerät. Die Dynamik muss dabei nicht immer offensichtlich sein, sondern kann sich in einer augenscheinlich losgelösten Problematik ausdrücken. Typische Themen, bei denen eine Familie von einer Familientherapie profitieren kann sind:
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- psychische Erkrankungen eines Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen ( z.B. Depression, Verhaltensauffälligkeiten, Essstörungen, Süchte)
- Eheprobleme, Trennung, Scheidung, Streitigkeiten in Umgangsfragen
- Förderung der Erziehungskompetenzen der Eltern
- schulische Probleme (Mobbing, Schulabstinenz, sich plötzlich verschlechternde Leistungen)
- chronische körperliche Erkrankungen, Krisen durch lebensbedrohliche Erkrankungen oder Tod eines Familienmitgliedes
- Probleme in Pflegefamilien, oder bei Adoption
- traumatische Erfahrungen eines Familienmitgliedes oder der ganzen Familie
- schwerwiegende Konflikte, auch mit den Herkunftskernfamilien (Schwiegereltern, Stiefkinder, Ex-Ehepartner)